Vorsteueraufteilung bei Schulsportanlagen

Bei einer zeitlich abwechselnden Nutzung desselben Gebäudes zu steuerfreien oder steuerpflichtigen Zwecken führt die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach den Nutzungszeiten zu einer präziseren wirtschaftlichen Zurechnung nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG als der (unternehmensbezogene oder objektbezogene) Umsatzschlüssel.

Der Unternehmer kann nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet.

Die Frage der Versäumung der Zuordnungsfrist stellt sich im Streitfall nicht. Eine Zuordnungsentscheidung ist nur zu treffen, wenn es sich bei der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit um den Sonderfall einer Entnahme für private Zwecke i.S. von Art. 6 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern handelt1. Vorliegend erbringt der Unternehmer eine insgesamt wirtschaftliche Tätigkeit, bei der die Überlassung der Halle und des Sportplatzes einer als Ersatzschule anerkannten Schule an ihre Schüler nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. aa UStG steuerfrei ist, während die entgeltliche stundenweise Überlassung an Vereine keine nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfreie Grundstücksvermietung, sondern nach der geänderten Rechtsprechung des BFH steuerpflichtig ist2.

Das Finanzgericht hat die Vorsteuerbeträge zu Recht anhand der Nutzungszeiten aufgeteilt.

Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, ist gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Nach Satz 2 dieser Vorschrift kann der Unternehmer die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG regelt schließlich für die ab dem 1.01.2004 bezogenen Eingangsleistungen, dass eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, nur zulässig ist, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist.

§ 15 Abs. 4 UStG ist unionsrechtskonform auszulegen. Satz 1 der Vorschrift schreibt eine Aufteilung nach wirtschaftlicher Zurechnung vor. Unionsrechtlich ist die Vorsteueraufteilung nach den Gesamtumsätzen des Unternehmens gemäß Art. 173 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem -MwStSystRL- (Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 1 und 2 i.V.m. Art.19 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG) als Methode wirtschaftlicher Zurechnung i.S. von § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG anzuerkennen3. Die Mitgliedstaaten können aber eine andere Berechnungsmethode anwenden, wenn sich dieser Aufteilungsschlüssel auf einen „bestimmten Umsatz“ bezieht und die herangezogene Methode eine „präzisere Bestimmung“ des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs als die Bestimmung anhand der Umsatzmethode gewährleistet4. Dementsprechend ist § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG unionsrechtskonform auszulegen: Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere -präzisere- wirtschaftliche Zurechnung möglich ist5.

Bei einer zeitlich abwechselnden Nutzung desselben Gebäudes zu steuerfreien oder steuerpflichtigen Zwecken führt die Aufteilung der Vorsteuern nach den Nutzungszeiten zu einer präziseren wirtschaftlichen Zurechnung. In den unterschiedlichen Nutzungszeiten drückt sich die Zuordnung des Gebäudes zu den mit ihm ausgeführten Umsätzen aus, ist damit verwendungsbezogen (vgl. UR 2014, 705, 710) und führt zu sachgerechteren Ergebnissen als der (unternehmensbezogene oder objektbezogene) Umsatzschlüssel.

Eine Vorsteueraufteilung anhand des objektbezogenen Flächenschlüssels kommt im Streitfall nicht in Betracht, weil dieser die getrennte Nutzung verschiedener feststehender Funktionsbereiche eines Gebäudes voraussetzt. Vorliegend geht es aber nicht um die gleichbleibende Nutzung verschiedener Funktionsbereiche, sondern um die zeitlich abwechselnde Nutzung derselben Gebäudeteile zu steuerfreien oder steuerpflichtigen Zwecken6.

Im Rahmen der wirtschaftlichen Zurechnung nach Zeitanteilen kommt es entscheidend auf die tatsächlichen Nutzungszeiten an.

Die von der Schule favorisierte Aufteilung nach Nutzungsblöcken, in die sowohl die Zeiten der tatsächlichen Nutzung als auch die Leerstandszeiten eingehen, kommt im Streitfall nicht in Betracht. Eine solche Aufteilung könnte nur dann als sachgerechter Maßstab anzuerkennen sein, wenn die sich unterschiedlich auswirkenden Nutzungen zeitlich strikt getrennt werden und dies anhand substantiierter Aufzeichnungen -mindestens über einen repräsentativen Zeitraum- für das Finanzamt und das Finanzgericht nachvollziehbar ist. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg7 hat im vorliegenden Fall in der Vorinstanz eine Fülle von Indizien dafür angeführt, dass bereits im Planungs- und Baustadium beabsichtigt war, die Sporthalle auch außerhalb der üblichen Unterrichtszeiten für schulische Zwecke (z.B. kulturelle Aufführungen, Sportwettbewerbe sowie die halbjährlichen Schulkonferenzen) zu nutzen. Dies spricht gegen die von der Schule behauptete strikte Trennung der Nutzungen. Zu Lasten der Schule wirkte sich insbesondere aus, dass keine Belegungspläne für die Sportanlagen vorlegt werden konnten.

Für den Vorsteuerabzug während der Planungs- und Bauphase (hier: 2006 und 2007) ist mangels tatsächlicher Verwendung auf die durch objektive Anhaltspunkte belegte Verwendungsabsicht zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze abzustellen8. Diese Prognose der zukünftigen Verwendung richtet sich bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nach den Nutzungszeiten, die nach dem gewöhnlichen Ablauf zu erwarten sind. Es kommt also nicht auf lediglich erwünschte, baurechtlich maximal erlaubte und unter günstigen Umständen theoretisch erreichbare Vermietungszeiten an. Soweit zu bestimmten Randzeiten nicht nur ein vorübergehender, z.B. durch Mieterwechsel bedingter üblicher Leerstand, sondern ein fehlendes Interesse am Markt und damit ein dauerhafter Leerstand zu erwarten ist, fehlt es an einer für den Vorsteuerabzug hinreichenden ernsthaften Vermietungsabsicht. Es spricht aber für die bei wirtschaftlicher Betrachtung erwartbaren Umsätze des Unternehmers und damit für die durch objektive Anhaltspunkte belegbare Verwendungsabsicht, wenn später nach Fertigstellung und Beendigung einer Anlaufphase tatsächlich Umsätze erzielt werden9.

Die Feststellung, ob und in welcher Höhe eine realistische Verwendungsabsicht zur Ausführung von Vermietungsumsätzen bestand, ist eine Frage der Tatsachen- und Beweiswürdigung, die nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO dem Finanzgericht obliegt. Das Revisionsgericht kann die Feststellungen der Tatsacheninstanz nur daraufhin überprüfen, ob sie gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen. Die Schlussfolgerungen des Finanzgericht haben schon dann Bestand, wenn sie zwar nicht zwingend, aber möglich sind (§ 118 Abs. 2 FGO)10.

Nach diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des Finanzgericht, im Rahmen einer realistischen Vermietungsprognose in der Planungs- und Bauphase der Streitjahre 2006 und 2007 von dem durchschnittlichen Anteil der (tatsächlichen) gewerblichen Umsätze bzw. Nutzungszeiten der Folgejahre (hier: 2009 bis 2011) auszugehen, nicht zu beanstanden. Für diese Jahre ergab sich ein steuerpflichtiger Vermietungsanteil von 38,15 % bzw. 40,65 % (bei Berücksichtigung einer Nutzung des „Schulblocks“ von nur 90 %), die beide jeweils unterhalb des vom Finanzamt bereits anerkannten Anteils von 55 % lagen.

Im Streitjahr 2008 kann es dahinstehen, ob auch hier die Verwendungsabsicht bei Leistungsbezug oder stattdessen die tatsächliche Verwendung im Jahr 2008 für den Vorsteuerabzug maßgebend ist11. Wenn das Finanzgericht hier nicht die vom Finanzamt ermittelte tatsächliche Vermietungsquote von 7, 2 %, sondern zu Gunsten der Schule auch für dieses Jahr eine prognostizierte Vermietungsquote von 40, 65 % ansetzt und damit im Ergebnis die vom Finanzamt bereits gewährte Quote von 55 % unberührt bleibt, ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Soweit die Schule als materiell-rechtlichen Fehler rügt, dass das Finanzgericht in den Folgejahren der tatsächlichen Verwendung von derselben Aufteilungsquote von 40, 65 % sowohl in der Planungs- und Bauphase als auch in den Zeiten der tatsächlichen Verwendung ausgegangen ist, fehlt es an der Darlegung, dass hierdurch die Schule beschwert ist. Denn bei Anwendung des § 15a UStG für den Zeitraum nach der erstmaligen Verwendung hätte sich bei einer tatsächlichen Vermietung im Streitjahr 2008 nach den Feststellungen des Finanzgericht nur eine Vermietungsquote von 7, 2 % ergeben. Vielmehr hat das Finanzgericht der Sache anstelle der tatsächlichen Vermietungsumsätze von 7, 2 % die sich in der Anlaufphase regelmäßig ergebenden Leerstandszeiten zu Gunsten der Schule mit berücksichtigt und eine Quote von 40, 65 % zugrunde gelegt.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 26. April 2018 – V R 23/16

  1. BFH, Urteil vom 03.08.2017 – V R 62/16, BFHE 259, 380, m.w.N.
  2. BFH, Urteile vom 31.05.2001 – V R 97/98, BFHE 194, 555, BStBl II 2001, 658; vom 10.11.2011 – V R 41/10, BFHE 235, 554, BStBl II 2017, 869
  3. BFH, Urteil vom 07.05.2014 – V R 1/10, BFHE 245, 416
  4. EuGH, Urteile BLC Baumarkt vom 08.11.2012 – C-511/10, EU:C:2012:689; Wolfgang und Dr. Wilfried Rey Grundstücksgemeinschaft GbR vom 09.06.2016 – C-332/14, EU:C:2016:417
  5. BFH, Urteile in BFHE 245, 416, Rz 29; und vom 10.08.2016 – XI R 31/09, BFHE 254, 461
  6. vgl. in diesem Sinne auch Heinrichshofen in Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, E § 15 Abs. 4 Rz 71; Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 15 Rz 1773, 1777 f.; Birkenfeld in Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch, § 184 Rz 273; Boos, Deutsche Steuer-Zeitung -DStZ- 2012, 267; Sterzinger, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht -UVR- 2015, 109
  7. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.04.2016 – 7 K 160/13
  8. ständige Rechtsprechung, vgl. EuGH, Urteile Imofloresmira – Investimentos Imobiliários; vom 28.02.2018 – C-672/16, EU:C:2018:134, Rz 39; Sveda vom 22.10.2015 – C-126/14, EU:C:2015:712
  9. vgl. BFH, Urteil vom 26.01.2006 – V R 74/03, BFH/NV 2006, 1164, Leitsatz 2
  10. vgl. BFH, Entscheidungen vom 03.05.2017 – X R 9/14, BFH/NV 2017, 1164, Rz 26; vom 05.07.2016 – X B 201/15, BFH/NV 2016, 1572, Rz 20; vom 11.04.2002 – VII R 1/02, BFH/NV 2002, 950, m.w.N.
  11. vgl. BFH, Urteil vom 23.01.2013 – XI R 25/11 BFHE 239, 547, BStBl II 2013, 417; Oelmaier in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 15 Rz 669; Abschn. 15a.2 Abs. 5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses