Bau einer Hängeseilbrücke – und der Vorsteuerabzug

Der Vorsteuerabzug aus Eingangsrechnungen für Leistungen im Zuge der Erstellung einer kostenlos nutzbaren Touristenattraktion (hier: Hängeseilbrücke) kann dann in Betracht kommen, wenn die Eingangsleistungen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einer entgeltlichen Leistung wie etwa einer Parkraumbewirtschaftung stehen.

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall ließ eine Gemeinde  eine Hängeseilbrücke bauen. Zugleich wurde für die zu erwartenden Besucher ein Parkplatz hergestellt. Die Gemeinde bewirtschaftete den Parkplatz in der Weise, dass sie Parkgebühren erhob. Das Finanzamt war der Auffassung, dass zwischen der Parkplatzvermietung und den in Anspruch genommenen Leistungen zur Errichtung der Brücke kein unmittelbarer Zusammenhang bestehe. Die Zuordnung der Brücke zum unternehmerischen Bereich sei auch nicht möglich, da sie dem Allgemeingebrauch gewidmet sei1. Deshalb dürfe die Gemeinde die sog. Vorsteuer, also die in den ihr erteilten Rechnungen der Bauunternehmen ausgewiesene Umsatzsteuer, nicht abziehen.

Das erstinstanzlich mit der Klage der Gemeinde befasste Finanzgericht Rheinland-Pfalz gab der Klage der Gemeinde statt2. Die Klägerin sei mit der Erhebung von Parkgebühren unternehmerisch –und nicht hoheitlich– tätig geworden und somit Unternehmerin i.S. des § 2 Abs. 1 UStG bzw. Steuerpflichtige i.S. des Art. 168 MwStSystRL. Auch habe die Klägerin die Leistungen zur Errichtung der Brücke für ihr Unternehmen der Parkraumbewirtschaftung bezogen. Dies ergebe sich insbesondere aus der Willensbildung des Gemeinderates und der Machbarkeitsstudie. Der direkte und unmittelbare Zusammenhang zwischen den Aufwendungen zur Errichtung der Brücke und den Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung ergebe sich jedenfalls auch daraus, dass die Brücke der Anlass sei, die Ausgangsleistungen überhaupt in Anspruch zu nehmen. Der Bundesfinanzhof sah dies nun ebenso:

Für das Erfordernis einer entgeltlichen Leistung muss zwischen dem Leistenden (hier: der Gemeinde) und dem Leistungsempfänger (hier: den Nutzern der Hängeseilbrücke) ein Rechtsverhältnis bestehen, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte bestimmbare Dienstleistung bildet. Dies hat der Bundesfinanzhof bejaht. Er sah in der Vereinnahmung von Parkgebühren einen unmittelbaren Zusammenhang zur Bereitstellung der Hängeseilbrücke.

Für die Gemeinde bedeutet das im Ergebnis, dass sich ihre Baukosten für die Hängeseilbrücke deutlich reduzieren.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 20. Oktober 2021 – XI R 10/21

  1. vgl. für dem Allgemeingebrauch zugewiesene Kureinrichtungen: BMF, Schreiben vom 18.01.2021, BStBl. I 2021, 121
  2. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.02.2021 – 3 K 1311/19, EFG 2021,1155